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» Der Fall Dornuf-Pitsch

Der Fall Dornuf-Pitsch

Teil 2: Wie ein reaktionäres Duo versucht, die Leo Kofler-Gesellschaft zu zerstören

Juristische Auseinandersetzungen kleiner linker Gesellschaften mit Außenstehenden, zudem wenn auch noch eigene Mitglieder auf der gleichsam anderen Seite stehen, sind immer unerfreulich und weisen einen bitteren Beigeschmack auf. Sie binden Zeit, Nerven und Arbeitskraft und etwas bleibt immer an diesen Gesellschaften kleben, sei es auf der Ebene halböffentlicher Gerüchte, sei es finanziell. Nicht selten führen sie deswegen zur Lähmung der eigenen Aktivitäten. Und doch sind sie manchmal kaum zu verhindern und müssen durchstanden werden. So auch in diesem Falle. Gegen den eigenen Willen ist die Leo Kofler-Gesellschaft e.V. (LKG) in eine juristische Auseinandersetzung gezogen worden, und sie muss davon ausgehen, dass diese noch länger andauern wird. Umso mehr gilt es für eine dem öffentlichen Gemeinnutzen verpflichtete Gesellschaft wie der unseren, die eigene Mitgliedschaft und das breitere, interessierte Umfeld zu informieren – zumal es sich in diesem Falle um zwei Täter handelt, die sich auch jenseits der Kofler-Gesellschaft bereits einen Namen gemacht haben. Was also ist passiert?

Runde 1: Ursula Kofler gegen den Karolinger-Verlag
Ende November 2007 hatten wir durch Zufall davon erfahren, dass kurz zuvor ein neues Buch mit Texten und im Namen von Leo Kofler erschienen war. Verlegt wurde es im Wiener Karolinger Verlag, einem bei der intellektuellen Ultra-Rechten führenden Verlag. Und herausgegeben wurde es von einem namentlich nicht näher gekennzeichneten Arbeitskreis unter der Leitung des „Wiener Philosophen“ Reinhard Pitsch. Pitsch war für uns kein Unbekannter mehr, nachdem er im Jahre 2000 für einen öffentlichkeitswirksamen Skandal gesorgt hatte, als er auf der von uns an der Ruhr-Universität Bochum organisierten Konferenz „Am Beispiel Leo Koflers. Marxismus und soziale Bewegungen im 20.Jahrhundert“ einen mit antisemitischen Stereotypen durchsetzten nationalistischen Vortrag gehalten und das versammelte Publikum massiv gegen sich aufgebracht hatte.
Unmittelbar nach Bekanntwerden der Buchveröffentlichung im Karolinger-Verlag schaltete Ursula Kofler einen Anwalt ein und ließ prüfen, auf welcher urheberrechtlichen Grundlage die dort gesammelten Aufsätze ihres 1995 verstorbenen Mannes veröffentlicht wurden. Nachdem der Verlag daraufhin einräumen musste, dass er und der Herausgeber Pitsch weder über die Rechte für einen Nachdruck verfügen noch sich um diese bemüht haben, ließ Frau Kofler Ende Dezember 2007 jede weitere Verbreitung des Buches juristisch stoppen und drohte dem Verlag weitere Konsequenzen für ein Zuwiderhandeln an.
Mitte Januar informierten wir daraufhin die Mitgliedschaft der LKG und begannen zur gleichen Zeit die inhaltliche Sichtung des Karolinger-Bandes. Pitsch hatte nicht nur einfach Aufsätze und Artikel Koflers rechtswidrig neu herausgegeben, er meinte, sie auch ausgiebig kommentieren zu müssen und wirft dabei mit beleidigenden Verleumdungen und Denunziationen nicht nur, aber vor allem gegen die Leo Kofler-Gesellschaft, ihre Mitglieder wie ihre Repräsentanten nur so um sich. Leo Kofler wird in dem Buch als nationalistischer Anti-Linker, sogar als „nationaler Sozialist“ dargestellt, den man vor seinen in der Kofler-Gesellschaft versammelten Schülern und Freunden schützen müsse, die seinen Nachlass und sein intellektuelles Erbe sogar fälschen und verdrehen würden.
Wohl wissend, dass es sich bei dem Buch und dem Vorgehen von Pitsch um einen so widerwärtigen wie hohlen Versuch handelt, sich selbst und seine anonymen Mitarbeiter als vermeintliche intellektuelle Sachverwalter einer hehren intellektuellen Tradition in der rechten Szene hoffähig zu machen, bereiteten wir eine ausführliche öffentliche Auseinandersetzung mit dem Buch, seinen Herausgebern und dem Verlag vor und warteten die Entwicklung der juristischen Auseinandersetzung zwischen Frau Kofler und dem Verlag ab. Der österreichische Karolinger-Verlag hatte zwar nach eigenem Bekunden das Buch vom Markt genommen (nicht auszuschließen ist, dass es zuvor an diverse Antiquariate oder andere Bezieher „verramscht“ wurde und so weiter vertrieben wird), weigerte sich jedoch, eine in Deutschland übliche Erklärung zu unterschreiben, die Frau Kofler vor einem Wiederholungsfall schützt. Da die juristische Einforderung einer solchen (ihr rechtlich zweifelsfrei zustehenden) Erklärung wahrscheinlich langwierig und finanziell aufreibend geworden wäre, beließ es Frau Kofler einstweilen bei diesem leicht unbefriedigenden Stand. Es blieb so nur die öffentliche Auseinandersetzung mit Pitsch und seinen Kameraden. In meinem Ende Februar auf der homepage der Leo Kofler-Gesellschaft und als Kurzfassung auch in der linken Tageszeitung Junge Welt veröffentlichten Beitrag „Hände weg von Leo Kofler!“ stellte ich die Machenschaften des rechten Netzwerkes und die Arbeitsweise der Herausgeber in der gebotenen Ausführlichkeit dar, zeigte auf, wie Leo Kofler zum Zwecke seiner Vereinnahmung durch rechts nicht nur falsch interpretiert, sondern sogar direkt gefälscht wurde.
Die erste Runde der Auseinandersetzung konnte also mit einem deutlichen Punktsieg für Ursula Kofler und die Kofler-Gesellschaft abgeschlossen werden. Die zweite begann knappe sechs Wochen später.

Runde 2: Stefan Dornuf und Reinhard Pitsch gegen die LKG und Christoph Jünke
Als ich am 3.April ein Einschreiben von meinem Postamt abholte, das den viel sagenden Poststempel eines Rechtsanwaltes trug, war ich nicht ganz unvorbereitet. Bereits am 11.März hatte ich direkt aus Österreich erfahren, dass meine öffentliche Auseinandersetzung seine Adressaten auch getroffen hatte. Reinhard Pitsch hatte sich gegenüber dritten über meine Entlarvung seiner (und anderer) Machenschaften reichlich erbost gezeigt und großspurig verkündet, dass er auf dem Wege nach Deutschland sei, um gegen mich und all jene zu klagen, die meinen Beitrag veröffentlicht haben.
Die Reise jedenfalls scheint ihre Tücken gehabt zu haben, denn es vergingen danach noch ganze drei Wochen, bis die Post des mir bis dahin unbekannten Düsseldorfer Anwaltes einging, der die Kofler-Gesellschaft und mich per einstweiliger Verfügung zur Unterschrift unter eine Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung und zur Aufbringung der anwaltlichen Kosten zu zwingen versuchte. Der Anwalt schrieb allerdings nicht im Auftrage von Pitsch, sondern von Stefan Dornuf, einem langjährigen Mitglied der Kofler-Gesellschaft und noch länger jährigen Freund von Reinhard Pitsch. Ich hatte Dornuf in meinem Artikel mit guten Gründen als geheimen Mitherausgeber bzw. Mitarbeiter des rechtswidrig herausgegebenen Karolinger-Bandes bezeichnet, was diesem nun offensichtlich missfiel.
Doch wer war bzw. ist der von Stefan Dornuf erwählte Anwalt Björn Clemens? Ein Blick auf die homepage des Fachanwaltes für Verwaltungsrecht offenbarte mir nicht nur, dass er ein Spezialist in Sachen Ehrenschutz zu sein meint, sondern dass er auch sonst ein nicht uninteressantes Exemplar seiner beruflichen Gattung ist. Umgehende Erkundigungen bestätigten dann diesen ersten Eindruck, denn was auf seiner homepage deutlich zu kurz kommt, sind seine außergerichtlichen Fähigkeiten und Tätigkeiten.
Der 1967 geborene Clemens war nämlich von Beginn der 1990er Jahre an aktives Mitglied der ultrarechten Republikaner (REP), davon lange Zeit als führender Aktivist der REP-Jugend in Hessen. Er kandidierte mehrfach zu kommunalen und Landesparlamenten, saß seit 1998 im Bundesvorstand der Partei, seit 2002 sogar als stellvertretender Vorsitzender, wo er sich einen Namen als Spitzenfunktionär machte, der den innerhalb der Republikaner umstrittenen Parteivorsitzenden Rolf Schlierer offen kritisierte und für eine Rückbesinnung auf den von Clemens besonders verehrten Parteigründer Franz Schönhuber sowie für eine stärkere Öffnung der REPs zu anderen Rechtsextremen (NPD und DVU) plädierte („Wem es nur darauf ankommt, jedermanns Liebling zu sein, wird als jedermanns Depp enden.“), bis er mit diesem Kurs scheiterte und 2007 austrat. Björn Clemens ist ein mittlerweile in der gesamten extremen Rechten gern gesehener Redner, Autor und Referent, der auch auf NPD- und DVU-Veranstaltungen auftritt und gelegentlich militante Rechtsextremisten verteidigt. Mal tritt er als Redner auf einer Kundgebung von 6.000 Kameraden auf, um der Opfer des alliierten Bombardements Dresdens zu gedenken und „Es lebe Deutschland, Amen!“ auszurufen – und mal, wie jüngst am 25.Mai (und zusammen mit dem ehemaligem Nazi-Militär, Göring-Vertrauten und Holocaustleugner Hajo Herrmann), auf einer von der extrem rechten Jungen Landmannschaft Ostdeutschland organisierten Gedenkkundgebung zum 85.Todestages des von rechtsaußen zum Helden und Märtyrer hochstilisierten Weimarer Freikorpskämpfer Albert Leo Schlageter. Derselbe Schlageter war es auch, wir erinnern uns, dem Reinhard Pitsch seinen Vortrag auf dem Bochumer Kofler-Kongress widmete, weil dieser „für Deutschland gefallen“ sei, und der unter anderem damit einen wissenschaftspolitischen Skandal ausgelöst hatte, der das damalige Ansehen der Kofler-Gesellschaft massiv beschädigt hatte, weil sich Pitsch dabei als Kofler-Schüler ausgegeben hatte. Und just um diese Rede ging es nun erneut bei der von Pitschens Kameraden Stefan Dornuf gegen die LKG und auch gegen mich persönlich im April in Gang gebrachten juristischen Auseinandersetzung, bei der Dornuf besonderes Gewicht darauf legte, sich vom Gericht u.a. bestätigen zu lassen, dass er sich niemals von dieser Rede seines langjährigen Freundes distanziert habe.
Ich muss gestehen, dass ich trotz des Ärgernisses als solchem eine gewisse Genugtuung nicht verhehlen konnte ob dieser pikanten menage à trois. Es passiert doch recht selten, dass man so eindringlich bestätigt bekommt, was man sich in mühsamen Recherchen eher schlussfolgernd erarbeitet hat. Gab es einen schlagenderen Beweis für meine Thesen, dass sowohl Pitsch wie Dornuf als vermeintliche Linke Komplizen eines rechts-reaktionären Netzwerkes sind, und dass sie als intellektuelle Erbschleicher versuchen, den marxistischen Einzelgänger Leo Kofler auf rechtsaußen zu drehen? Mit der Wahl des gemeinsamen Rechtsvertreters aus dem einschlägig bekannten Milieu (kurze Zeit nach dem anwaltlichen Brief im Auftrage Dornufs bekamen wir einen vergleichbaren Brief von Clemens im Auftrage von Pitsch) verdeutlichten beide, dass sie ihre wahren Motive und Kameraden nicht länger zu verschweigen gedenken.
Wie auch immer: Mit Briefdatum vom 1.April bekamen nun – wie gesagt – sowohl die LKG als auch ich als Autor des betreffenden Artikels einen gleich lautenden, aber separaten Einschreiben-Brief von Dr. Björn Clemens, der die rechtlichen Interessen von Stefan Dornuf (Hagen) vertrete und uns dazu auffordert, eine Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung zu unterzeichnen, mit der wir uns in Zukunft verpflichten würden, „die wörtliche oder sinngemäße Behauptung in schriftlicher, mündlicher oder sonstiger Form zu unterlassen,
– Herr Dornuf habe sich selbst zum Privatsekretär Leo Koflers stilisiert
– Herr Dornuf hätte beim Bochumer Kofler-Kongress im Jahre 2000 eine geschichtsphilosophische Rechtfertigung des Stalinismus gegeben
– Herr Dornuf habe sich bei der gleichen Gelegenheit von Herrn Dr. Reinhard Pitsch, (…) 1020 Wien distanziert
– Herr Dornuf habe den Band Leo Kofler Nation Klasse Kultur aus dem Karolinger Verlag Wien, 2007 federführend erstellt und habe Leo Kofler darin zu einem National-Sozialisten umgedeutet
– Herr Dornuf sei in der Hegel-Gesellschaft mit Ausfällen auffällig geworden
– vorgenannte Behauptungen zu widerrufen und aus der Internetseite www.leo-kofler.de zu entfernen
– für jeden Fall der Zuwiderhandlung eine Vertragstrafe von 10.000,- Euro an Herrn Dornuf zu zahlen
– die Kosten für das Tätigwerden in dieser Angelegenheit des Herrn Rechtsanwalt Dr. Björn Clemens auf Basis eines Streitwertes von 15.000,- Euro zu tragen.“
„Alle diese Behauptungen“, so das anwaltliche Begleitschreiben, „sind unzutreffend, insbesondere hat Herr Dornuf nicht in der von ihnen genannten Funktion an dem soeben bezeichneten Buch mitgewirkt, so dass er damit Leo Kofler auch nicht als National-Sozialisten bezeichnet haben kann. Abgesehen davon, findet sich die Bezeichnung in dem Buch nicht. Die vorerwähnten Behauptungen sind dazu geeignet, das Ansehen meines Mandanten zu schädigen, so dass Sie zu deren Unterlassung, sowie zum Widerruf verpflichtet sind. Das heißt auch, dass sie aus dem Internet zu entfernen sind.“ Zur Erfüllung dieser Forderung gab uns Clemens Frist bis zum 7.4., das hieß, noch ganze vier Tage und forderte uns zur Begleichung der Anwaltskosten von 737,52 Euro auf.
Der daraufhin von der Gesellschaft und mir mit der Wahrnehmung unserer rechtlichen Interessen beauftragte Anwalt schrieb mit Datum vom 7.4.08, dass wir die geforderte Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung nicht abgeben werden: „Ihrem Mandanten steht aus keinem rechtlichen Grund ein Anspruch zur Seite, die Behauptung der von Ihnen aufgegriffenen fünf Äußerungen zu unterlassen. Hierbei ist bereits grundlegend anzumerken, dass das Vorhalten des Artikels auf dem Internetauftritt der Leo Kofler Gesellschaft e.V. den Tatbestand des Behauptens nicht erfüllt. Bereits insoweit ist die Abmahnung gegen die Leo Kofler Gesellschaft e.V. unbegründet. Die von Ihnen angegriffenen fünf Äußerungen stellen insgesamt zulässige Meinungsäußerungen dar, die von dem Grundrecht der freien Meinungsäußerung aus Art. 5 Abs. 1 GG gedeckt sind.“ Ausführlich ging er dabei auf die von Dornuf/Clemens inkriminierten Stellen ein und widerlegte die rechtliche Interpretation der Kläger.
Die wiederum strichen zwar einen der Vorwürfe (die von mir behauptete fälschliche Selbststilisierung Dornufs zum ehemaligen Privatsekretär Koflers war durch Dornufs von mir schon im „Hände weg“-Beitrag angegebenen Konkret-Artikel von 1994 zu eindeutig), nahmen aber nichts desto trotz die anderen Punkte – also erstens die Dornufsche Distanzierung von Pitsch auf dem Kofler-Kongress von 2000; zweitens seine dort vorgetragene Rechtfertigung des historischen Stalinismus; drittens die von mir damals behaupteten Ausfälle in der Hegel-Gesellschaft; viertens seine Federführende Mitarbeit am Karolinger/Pitsch-Buch – zur Grundlage, um beim Landgericht Bochum mit Datum des 14.4.08 einen Antrag auf Erlass einer Einstweiligen Verfügung zu stellen (dort eingegangen am 18.4.), mit der ich verpflichtet werden sollte, die genannten Behauptungen zu unterlassen. „Für jeden Fall der Zuwiderhandlung wird beantragt, dem Antragsgegner ein Ordnungsgeld von bis zu 250.000,- ersatzweise Ordnungshaft oder Ordnungshaft anzudrohen.“
Als sachliche Begründung fügten sie den einzelnen Punkten Erläuterungen an (mit Ausnahme des Punktes der geistreich-geschichtsphilosophischen Rechtfertigung des historischen Stalinismus). Zur von mir behaupteten Distanzierung Dornufs von Pitsch auf dem Kofler-Kongress im Jahre 2000 wird erwidert (und mit eidesstattlicher Erklärung von Dornuf unterstrichen), dass es „(e)ine solche Distanzierung (…) in Wahrheit nicht gegeben (hat) (…) Das Gegenteil ist der Fall. Der Antragsteller und Pitsch arbeiten wissenschaftlich eng zusammen.“ Gegen meine ursprüngliche Behauptung, dass Dornuf bereits in der Hegel-Gesellschaft durch Ausfälle auffällig geworden war, wird geltend gemacht: a) bezüglich der von mir (im anwaltlichen Brief) angegebenen Dornuf-Artikel in den Hegel-Jahrbüchern, dass in diesen weder ich noch die Kofler-Gesellschaft vorkämen; b), dass die von mir geltend gemachte Tatsache, dass Dornuf Ende der 1990er Jahre innerhalb der Hegel-Gesellschaft aufgefallen sei, weil er sich seiner Stimme enthalten hatte, als die Hegel-Gesellschaft ihr Mitglied Reinhold Oberlercher wegen eines antisemitischen TV-Interviews ausgeschlossen hatte, lediglich „in der Ausübung eines Satzungsrechtes bestand“, so Clemens. Gegen meine Formulierung von der federführenden Mitarbeit Dornufs am Karolinger-Band schließlich wird geltend gemacht, dass Dornuf „auch nicht an der Erstellung des Koflerbuches aus dem Karolinger-Verlag beteiligt (war) (…) Wie dem Vorwort zu entnehmen ist, hat sich der wahre ‚Federführer’, Dr. Reinhard Pitsch lediglich einiger weniger bestehender Aufzeichnungen des As [Antragssteller; CJ] bedient.“
Mit Datum vom 22.4.08 schließlich, fast zwei Monate nach der Veröffentlichung meines Artikels und fast sechs Wochen nachdem er von Wien aufgebrochen war, um gegen mich und sämtliche Publikationsorgane meines Artikels zu klagen, wurde auch Reinhard Pitsch aktiv und ließ mir durch seinen Anwalt Björn Clemens mitteilen, dass auch er gedenke, mittels einstweiliger Verfügung gegen mich und die Kofler-Gesellschaft zu klagen, wenn wir keine kostenpflichtige Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung bezüglich mehrerer Aussagen unterschreiben würden, die angeblich geeignet seien, sein Ansehen zu schädigen. Aus dieser Drohung wurde aber nichts, denn scheinbar, möchte man glauben, waren die von unserem Anwalt daraufhin beigebrachten Argumente und Belege sowie die Tatsache, dass von der für einstweilige Verfügungen notwendigen Dringlichkeit nicht mehr gesprochen werden könne, nachdem bereits zwei Monate verstrichen waren, stichhaltig.
Wirklich entscheidend dafür, dass es Pitsch vorerst bei der anwaltlichen Drohung beließ, dürfte jedoch gewesen sein, dass sich sein Schreiben mit dem ersten Landgerichtsurteil überschnitt. Denn am 21.4. erging der Beschluss der 6.Zivilkammer des Landgerichts Bochum, der den von Dornuf gegen die LKG gerichteten Antrag auf Erlass einer Einstweiligen Verfügung negativ beschied: „Es kann nämlich nach dem Vortrag des Antragstellers sowie sämtlichen zu Akte gereichten Unterlagen nicht festgestellt werden, dass hier ein Verfügungsanspruch als Grundvoraussetzung für eine einstweilige Verfügung gegeben ist. Zudem ist auch ein Verfügungsgrund als weitere Voraussetzung zweifelhaft.“ Die Unterlassungsansprüche, so das Gericht, kämen nicht in Betracht, denn: „Bei den von dem Antragsteller beanstandeten Aussagen handelt es sich allenfalls bei einer um eine Tatsachenbehauptung, die aber bei sachgerechter Auslegung Ehrschutzansprüche aber nicht auslösen kann, im übrigen um Meinungsäußerungen (Werturteile), die dem Antragsgegner nicht verboten werden können.“
Die 8.Zivilkammer des Bochumer Landgerichts, die mit dem zweiten Verfahren, der Sache Dornuf gegen Jünke befasst war, lud daraufhin für den 29.Mai 2008 zur mündlichen Anhörung, machte jedoch gleich zu Beginn der Verhandlung (und im Beisein übrigens des als Gast des Klägers Dornuf höchstpersönlich aus Wien angereisten Reinhard Pitsch) deutlich, dass sie geneigt sei, voll und ganz dem Beschluss der 6.Zivilkammer zu folgen, wenn da nicht ein bis zwei Äußerungen meinerseits seien, die sie für problematisch und grenzwertig hielten. Doch einzig meine Formulierung von Dornufs Ausfälligkeiten innerhalb der Hegel-Gesellschaft, die an sich recht wenig mit dem gesamten Sachverhalt zu tun hatte, blieb auch am Ende der mündlichen Anhörung noch umstritten. Einen entsprechenden Vergleich jedoch lehnten mein Rechtsanwalt und ich ab, da dies einem Schuldeingeständnis meinerseits (mindestens in dem einen Punkt) gleichgekommen wäre und ich damit, wie ich vor Gericht deutlich machte, mit weiteren juristischen und finanziellen Konsequenzen von Seiten der Kläger zu rechnen hätte. Dem allerdings wollte das Gericht nicht folgen und verurteilte mich per Urteil der 8.Zivilkammer vom 29.Mai, es „zu unterlassen, in Zukunft wörtlich oder sinngemäß zu behaupten, der Verfügungskläger sei innerhalb der Hegelgesellschaft durch Ausfälligkeiten auffällig geworden (…) die vorgenannte Behauptung (…) auf der Internetseite www.leo-kofler.de zu entfernen. Im Übrigen wird der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückgewiesen.“

Vor der dritten Runde?
Damit endeten Ende Mai die ersten vier gegen die LKG wie gegen mich angestrengten juristischen Verfahren deutlich zugunsten der Kofler-Gesellschaft und meiner Wenigkeit – die beiden von Dornuf angestrengten per Gerichtsbeschluss und -urteil; die beiden von Pitsch angedrohten, weil sie offensichtlich nicht weiterverfolgt wurden. In den wesentlichen zur Verhandlung stehenden Fragen konnte ich auch juristisch glaubhaft machen, dass meine Ausführungen im Artikel vom Februar entweder sauber recherchiert oder Teil der grundgesetzlich geschützten Meinungsfreiheit sind – und dass Stefan Dornuf seinem Kameraden Reinhard Pitsch bei der Herausgabe des umstrittenen Buches auf besondere Weise geholfen hat und damit Teil jenes Netzwerkes ist, das ich in meinem Artikel kritisch aufgedeckt hatte.
Deutlich geworden ist aber auch, dass es Dornuf und Pitsch bei der Auseinandersetzung weniger um die Wahrheitsfindung und ihre angeblich beschädigten Persönlichkeitsrechte ging und geht. Wie bereits in meinem „Hände weg“-Beitrag formuliert, ging und geht es den beiden vor allem darum, mit Leo Kofler einen neben Wolfgang Harich und Georg Lukács weiteren Denker zum Zwecke eigener Reputierlichkeit zu vereinnahmen. Dass dieser Versuch, auf Kosten Koflers intellektuelles Kapital anzuhäufen und mit diesem in einem reaktionären Milieu Anerkennung zu erheischen, fast zwangsläufig nicht nur dazu führen muss, all jene verleumderisch abzuwerten, die diesem Versuch kritisch bis ablehnend gegenüberstehen, d.h. allen anderen Kofler-Kennern und -Interpreten, das hat seine immanente Logik und muss eben, wenn nichts anderes mehr geht, auch mit unsachlichen und rechtswidrigen Methoden ausgefochten werden – gerade weil das Ansinnen dem Koflerschen Geist Gewalt antut und es den beiden um nichts weniger geht als um ihr kostbares intellektuelles Kapital. Das bereits langjährige ehrverletzende Stänkern eines Stefan Dornuf erklärt sich hieraus ebenso zwingend wie sein jüngster Versuch, mittels einer in den meisten Punkten an den Haaren herbeigezogenen mehrfachen juristischen Klage jenen einen Maulkorb anlegen zu wollen, die diesem Treiben aufklärend entgegentreten. Deswegen ging und geht es Dornuf und Pitsch vor allem darum, die LKG und mich juristisch und finanziell auf eine Weise unter Druck zu setzen, dass wir vor jeder weiteren öffentlichen Auseinandersetzung mit diesen Machenschaften zurückschrecken.
Dies zeigte sich nicht zuletzt in der mündlichen Verhandlung vom 29.Mai, als Dornuf und Clemens (unter Beisein auch von Pitsch) bereit waren, einen Vergleich zu schließen, der mir einzig die an sich nebensächliche Äußerung zur Hegel-Gesellschaft angelastet, mir in allen anderen zur Verhandlung stehenden Punkten – den wesentlichen also – aber Recht gegeben hätte. Ein solches Einknicken des Klägers – Dornuf und sein Anwalt gaben damit indirekt zu, dass alle anderen Punkte von mir mit Recht angeführt wurden – macht nur Sinn, wenn es Dornuf (und Pitsch) von Anfang an nur darauf angekommen ist, eine möglichst umfassende Sammlung möglicher Klagepunkte anzulegen, auf dass wenigstens ein oder zwei davon als Grundlage einer zumindest partiell erfolgreichen Klage dienen können.
Jedenfalls wird diese Interpretation durch das gestützt, was sich im unmittelbaren Anschluss zuerst der mündlichen Anhörung, dann der Urteilssprechung selbst, abspielen sollte. Noch im Beisein der Anwälte und Richter hatte es der als potenzieller Zeuge Dornufs anwesende Gast Reinhard Pitsch offensichtlich nötig, zu mir zu kommen, um mich in schnippischem Testosteron-Ton anzufahren, dass ich mich nicht zu früh freuen solle, dass dies nur der Anfang sei und dass er mich nun ebenfalls vor Gericht zu ziehen gedenke – vor ein ihm wohl gesonneneres natürlich und mit einem offensichtlich besseren Anwalt, wie er hinzufügte…
Konsequent versandte Pitsch daraufhin, am Abend des folgenden Tages, eine Email an seinen anonymen Mail-Verteiler (das nachweislich u.a. auch an die Mailadresse der LKG sowie an die Chefredaktion der Jungen Welt ging), in dem er wahrheitswidrig behauptet, dass ich „kostenpflichtig zum Widerruf einer falschen Behauptung über Stefan Dornuf verurteilt“ worden sei und dass die Veröffentlichung in der Jungen Welt „am Chefredakteur und am stellvertretenden Chef vorbei ins Blatt geschmuggelt wurde“. Er bezeichnet mich darin als „Fälscher, Verleumder und Lügner“ und kündigt „weitere Konsequenzen“ („Demnächst wird meine Klage gegen Jünke eingebracht. Der Fälscher, Verleumder und Lügner Jünke wird weiter verurteilt werden.“) sowie eine umfassende Dokumentation zum Fall an.
Reinhard Pitsch hat damit nicht nur seine kriminelle Energie verdeutlicht, sondern auch angekündigt, dass er auch weiterhin versuchen werde, das Ansehen Leo Koflers, seiner Witwe Ursula Kofler und der in der Kofler-Gesellschaft versammelten Freunde und Schülerschaft Koflers zu beschädigen und mittels Verleumdungs- und Gerichtskampagnen unter Druck zu setzen.
Damit ist jedoch auch die bisher von uns gepflegte rein diskursive Defensive vorbei. Ob sie will oder nicht, wird die Kofler-Gesellschaft zukünftig das Treiben dieser Gesellen genauer beobachten und entschieden offensiver bekämpfen müssen als zuvor. Den ersten Schritt habe ich mit Briefdatum vom 11.Juni 2008 getan, indem ich Reinhard Pitsch als Reaktion auf dessen Email vom 30.Mai über meinen Anwalt eine Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung habe zukommen lassen, die ihn notfalls gerichtlich zwingen soll, wahrheitswidrige Behauptungen und Äußerungen zu unterlassen, die meine Persönlichkeitsrechte erheblich beeinträchtigen. Offensichtlich versteht Pitsch nur die Sprache bürgerlicher Gerichte – und ob er wenigstens die akzeptiert, wird sich noch zeigen müssen. Der zweite Schritt erfolgte am 22.Juni auf einer außerordentlichen Mitgliederversammlung der Leo Kofler-Gesellschaft, auf der Stefan Dornuf wegen Verstoßes gegen die Satzung unserer Gesellschaft mit sofortiger Wirkung ausgeschlossen wurde. Der dritte Schritt schließlich ist die mit diesem Mitteilungsheft vorliegende umfassende Dokumentation des Falles, auf dass sich auch Außenstehende ein klares Bild von einer Auseinandersetzung machen können, die wir nicht angezettelt haben. Ob es weiterer Schritte bedarf, wird sich noch zeigen müssen.

Christoph Jünke
Vorsitzender der Leo Kofler-Gesellschaft e.V., Ende Juni 2008

Nachbemerkung: Der Streit geht weiter
Seitdem der vorstehende Text Ende Juni geschrieben und in den Druck der LKG-Mitteilungen (Heft 8, August 2008) gegeben wurde, hat sich die Auseinandersetzung fortgesetzt. Sowohl Stefan Dornuf als auch Christoph Jünke haben gegen das Landgericht-Urteil vom 29.Mai Berufung eingelegt. Der Termin der Anhörung beim Oberlandesgericht Hamm steht zurzeit noch nicht fest. Der Termin für die mündliche Anhörung des einstweiligen Verfügungsverfahrens in Sachen Jünke gegen Pitsch ist auf Ende August festgesetzt worden. Wir werden auch weiterhin über den Fortgang berichten.
Anfang August 2008

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